Traumatisierte Pferde: Hoffnung durch sanfte Ausbildung
- mertenslisamarie11
- 1. Sept.
- 6 Min. Lesezeit
Aktualisiert: 14. Sept.
Pferde sind majestätische Tiere, die oft eine tiefe Verbindung zu den Menschen aufbauen. Doch nicht alle Pferde haben das Glück, in einer liebevollen Umgebung aufzuwachsen. Viele von ihnen haben traumatische Erfahrungen gemacht, die ihr Verhalten und ihre Lebensqualität stark beeinträchtigen. In diesem Blogbeitrag werden wir uns mit der sanften Ausbildung von traumatisierten Pferden beschäftigen und wie diese Methode Hoffnung und Heilung bringen kann.
Die Realität traumatisierter Pferde
Traumatisierte Pferde haben oft eine bewegte Vergangenheit. Sie können aus schlechten Haltungsbedingungen, Missbrauch oder Vernachlässigung stammen. Diese Erfahrungen hinterlassen Spuren, die sich in ihrem Verhalten zeigen. Häufig sind sie ängstlich, misstrauisch oder aggressiv. Nicht selten missverstehen die Menschen ihre Pferde und handeln dadurch auf eine Weise, die dem Pferd absolut nicht verständlich ist und oft schmerzhaft endet. Schmerzhaft und frustrierend für beide Seiten. Wo Mitgefühl, Verständnis und Wissen endet, da beginnt Gewalt.
Ein gutes Beispiel dafür ist Cheveyo, der mit 5 Jahren zu mir kam. In diesen 5 Jahren war er bei 5 verschiedenen Menschen und aus seinem Verhalten konnte ich sofort ableiten was ihm passiert war. Umso länger ich mit ihm arbeitete, desto klarer wurde es. Er rannte panisch weg sobald ein Mensch näher als 6-7m herankam und generell war er dem Menschen gegenüber extrem ängstlich abgeneigt. Er hatte buchstäblich viereckige Augen, so etwas hatte ich in dem Ausmaß damals noch nie gesehen. Jegliches Grundvertrauen war gebrochen, da man versucht hatte ihn zu brechen, ihn zu benutzen. Ich möchte hier nicht jedes Detail auseinandernehmen, da man über ihn ein eigenes kleines Buch schreiben könnte. Allerdings möchte ich mit diesem kleinen Einblick aufzeigen wie es vielen Pferden ergeht. Sie möchten Schmerz, Unwohlsein oder Missverstehen ausdrücken doch werden nicht verstanden, gefühlt oder gesehen. Und es braucht keine 5 Menschen oder viele Erlebnisse um Trauma entstehen zu lassen, tatsächlich reichen schon wenige oder manchmal sogar nur ein Moment. Sobald das Pferd sich nicht verstanden und dadurch automatisch nicht sicher fühlen kann beim Menschen, genau dann ist die Grundlage für Trauma gelegt.
Aber um mal auf das Positive zu schauen, ist es nicht herrlich, dass wir heute die Möglichkeit haben uns so vielseitig und frei weiterzubilden? Das sehe ich als große Hoffnung für die Pferde und für uns Menschen! Und genau hier kann auch deine Reise starten. Denn jeder macht Fehler und oft passieren diese nur aus Unwissenheit oder Überforderung und nicht aus Boshaftigkeit. Man ist kein böser Mensch, nur weil man Fehler macht, aber wir sind in der Verantwortung uns weiterzubilden und/oder uns Hilfe zu holen, wenn wir ein Problem erkennen, dass wir nicht allein beheben können. Das sind wir unserem „Partner“ Pferd einfach schuldig.
Die Bedeutung sanfter Ausbildung
Sanfte Ausbildung ist ein Ansatz, der auf Vertrauen und Respekt basiert. Anstatt mit Zwang oder Bestrafung zu arbeiten, konzentriert sich diese Methode darauf, eine positive Beziehung zwischen Mensch und Pferd aufzubauen.
Die sanfte Ausbildung hat mehrere Vorteile:
Vertrauensaufbau: Pferde lernen, dass Menschen nicht bedrohlich sind. Spielerische Arbeit auf Augenhöhe
Stressreduktion: Ein ruhiger Umgang verringert den Stress des Pferdes
Bessere Lernfähigkeit: Pferde, die sich sicher fühlen, sind offener für neue Erfahrungen
Praktische Schritte zur sanften Ausbildung
Die sanfte Ausbildung erfordert Geduld und Einfühlungsvermögen. Hier sind einige praktische Schritte, die helfen können:
Beobachtung: Verbringen Sie Zeit damit, das Pferd zu beobachten. Achten Sie auf seine Körpersprache und Reaktionen.
Langsame Annäherung: Nähern Sie sich dem Pferd langsam und ruhig. Vermeiden Sie plötzliche Bewegungen.
Positive Verstärkung: Belohnen Sie das Pferd für positives Verhalten. Dies kann durch Leckerlis oder sanfte Worte geschehen. (Sanfte, langsame Berühren sind auch super, solange dass Pferd es gut animmt oder danach fragt)
Konsequenz: Seien Sie konsequent, aber liebevoll in Ihrem Verhalten. Pferde lernen durch Wiederholung.
Vertrauen aufbauen: Lassen Sie das Pferd entscheiden, wann es bereit ist, Kontakt aufzunehmen. Zwingen Sie es nicht. Druck führt dazu, dass das Pferd sich dem Kontakt entziehen möchte.
Fallstudie: Cheveyo und seine Reise zur Heilung
Cheveyo war ein herausforderndes Pferd. Seine Angst war so stark, dass er sich nicht einmal in der Nähe von Menschen aufhalten wollte. Die sanfte Ausbildung begann mit der Schaffung eines sicheren Raums für ihn.
Bevor ich mit ihm arbeitete, begann ich mit der Beobachtung. Ich stellte fest, dass er besonders auf sanfte Stimmen reagierte. Von Anfang an setzte ich mich einfach nur zu ihm auf die Koppel und hörte ihm zu, denn genau das war es, was nie jemand zuvor tat und das war es, das er so sehr brauchte. Da die Koppel sehr groß war hatte er genug Möglichkeiten sich zurückzuziehen. Allerdings tat er das nie. Wenn ich die Koppel betrat lief er die ersten Wochen und Monate schnell rückwärts oider rannte ein kleines Stück weg. Denn das war in der Vergangenheit seine einzige Chance nicht verletzt oder missbraucht zu werden. Doch als er bemerkte, dass ich mich nur setzte um ihm zuzuhören und bei ihm zu sein, wuchs sein Interesse an mir. Zu Beginn kam er beim grasen näher, jedoch immer mit Sicherheitsabstand und immer mit einem Auge zu mir schielend. Doch schon nach den ersten Wochen kam er dabei immer näher berührte meine Hand dabei, die auf dem Gras verweilte, erschrak kurz doch kam dann wieder heran. Irgendwann begann ich vorsichtig dabei meine Hand langsam und sanft an seinen Huf zu legen. Das war unsere erste Berührung die er aktzeptierte. Aber meiner Meinung nach gab es etwas ganz Ausschlaggebendes, dass zu seiner Bereitschaft geführt hat mit mir zu kommunizieren und zu arbeiten. Und das ist die Tatsache, dass ich in all der Zeit imer mit ihm gesprochen habe und ihm immer wieder erzählte, dass ich weiß wieveil Leid und Schmerz er erfahren hat, aber ich ihm verspreche, dass das nun endgültig vorbei ist. Und, dass ich mich natürlich freuen würde, wenn ich ihn eines Tages reiten dürfte oder nur auf ihm sitzen dürfte, aber wenn das nicht so kommt dann ist das auch vollkommen ok für mich. Ich wollte, dass er meine bedingungslose Liebe spürt.
Nach langer Zeit in der er einfach nur Pferd sein durfte und beobachten durfte wie ich mit den anderen Pferden umgehe (was er immer intensiv tat), startete ich ihn vom Boden zu arbeiten mit vielen Verschiedenen Dingen die er kennenlernen durfte, aber der Fokus war immer darauf gerichtet, dass egal was passiert, Ich sein sicherer Pol bin. Heute darf ich ihn reiten und kann schon viel Quatsch mit ihm machen die damals niemals denkbar gewesen wären. Er blühte auf und zeigte seinen wahren Charakter, denn er weiß, dass er nun sicher war & ist. Charmant, aufmerksam, absolut Kinderlieb, selbstbewusster und super kommunikativ zeigt er sich heute bei der Arbeit und in der Herde.
Die Rolle der Körpersprache
Die Körpersprache von Pferden ist entscheidend für die sanfte Ausbildung. Pferde kommunizieren hauptsächlich durch ihre Körperhaltung und Bewegungen, Mimik und Gestik. Jede Bewegung hat für das Pferd eine Bedeutung.
Die grundlegende Frage bei Pferden ist immer "Wer bewegt Wen?" Das ist durchaus entscheidend bei der Verteilung der Position in der Herde.
Die Bedeutung von Geduld
Geduld ist eine der wichtigsten Eigenschaften, die man bei der Arbeit mit traumatisierten Pferden mitbringen sollte. Fortschritte können langsam sein, und Rückschläge sind normal.
Es ist wichtig, sich daran zu erinnern, dass jedes Pferd einzigartig ist. Was bei einem Pferd funktioniert, funktioniert möglicherweise nicht bei einem anderen.
Die Rolle der Gemeinschaft
Die Gemeinschaft spielt eine wichtige Rolle bei der Rehabilitation traumatisierter Pferde. Eine natürliche Haltung innerhalb einer Herde mit viel Auslauf ist eine große Hilfe für das " zu sich kommen" des Pferdes.
Erfolgsgeschichten
Es gibt viele Erfolgsgeschichten von traumatisierten Pferden, die durch sanfte Ausbildung geheilt wurden. Diese Geschichten sind inspirierend und zeigen, dass Veränderung möglich ist. Jede Seele hat es verdient anzukommen und verstanden zu werden.
Fazit: Ein neuer Weg für traumatisierte Pferde
Die sanfte Ausbildung bietet Hoffnung für traumatisierte Pferde. Sie zeigt, dass mit Geduld, Verständnis und Liebe große Fortschritte möglich sind.
Jedes Pferd hat das Potenzial, zu heilen und zu wachsen. Es liegt an uns, ihnen die Chance zu geben, die sie verdienen.
Wenn Sie ein traumatisiertes Pferd haben oder darüber nachdenken, eines zu adoptieren, denken Sie daran, dass sanfte Ausbildung der Schlüssel zu einer erfolgreichen Beziehung ist.
Die Reise mag lang sein, aber die Belohnungen sind es wert. Gemeinsam können wir eine bessere Zukunft für diese wunderbaren Tiere schaffen. Und die Verbindung die Ihnen das Pferd anbieten wird aus Dankbarkeit, wird einmalig und tiefgehend sein.
